0 - Vorbemerkung
Stecken Sie das Gerät nicht sofort an die Steckdose wenn es einige Jahre außer Betrieb war. - Sie könnten schwer zu beschaffende Teile beschädigen (Transformator, Gleichrichter...)
Dieses transformatorlose Gerät und auch manche anderen Geräte mit Transformator können Netzspannungspotenial am Chassis führen. Lebensgefahr! möglichst Trenntransformator benutzen!
Überbrücken Sie niemals die Sicherung!
Hier finden Sie den Schaltplan des VE 301GW mit Anschlußschema der Röhren."GW" bedeutet Ausführung für Gleichstrom/Wechselstrom - ohne Netztransformator.
Anderes Schaltbild
erlaubt das einfachere Verständnis der Stromversorgung. Jede Röhrenheizung
benötigt 55 Volt/50 mA=1100 Ohm im heißen Zustand. Das Gerät
hat 3 Röhren + einen 1100 Ohm Widerstand in Reihe bei 220V Einstellung.
Wie die meisten tranformatorlosen Geräte wird die Anodenspannung direkt
aus der Netzspannung gewonnen. Das bedeutet, das die Anodenspannung auch
von der Betreibsspannung abhängt. (nach der Drossel etwa 205V an 220
V Netz, bzw. nur ca. 100 V= and 110 V Netzspannung. Dies bewirkt, dass
die Empfangsleistung am 110 V Netz etwas geringer ist
Ein anderes meiner Restaurationsprojekte: Loewe Opta von 1955.
Einen Überblick über alle Volksempfänger Typen finden Sie auf Joachim Herzig's Seite .or Klaus' Seite
Umfangreiche FAQs (häufig gestellte Fragen)finden Sie bei Phils FAQs
Notieren Sie alles was Sie zerlegen! Ohne Schaltplan bzw. Notizen ist man verloren!
Empfohlen: Meßgerät für Kondensatoren. Meine Erfahrung:
99% aller Vorkriegsgeräte haben schlechte Papierkondensatoren, besonders
wenn sie längere Zeit nicht benutzt wurden oder in Räumen mit
hoher Luftfeuchtigkeit gelagert wurden.
Elektrolytkondensatoren dagegen laufen aus oder trocknen häufig
aus, wodurch deren Kapazität gegen Null geht.
Keramikkondensatoren bereiten zumeist keine Probleme, wenn sie mechanisch
unbeschädigt sind.
Dieses Gerät hat 4 einzelne Kondensatoren und einen Kondensatorblock (Kombination von 4+4+2+1+0,1 uF in einer Box). Diese alten Papierkondensatoren (bis in die 50er Jahre benutzt) bestehen aus je 2 aufgewickelten Aluminiumfolien mit Kondensatorpapier getränkt in Wachs als Dielelktrikum, nach außen abgedichtet mit Asphalt/Teer. Durch die Aufnahme von Luftfeuchtigkeit steigt die Kapazität auf das 5-10fache des Nominalwerts. Im Gegenzug reduziert die Feuchtigkeit die Isolationsfähigeit, im Extrem bis zum Kurzschluss. Diese mit Teer abgedichteten Kondensatoren waren definitiv nicht dafür gemacht, das 1000jährige Reich zu überstehen. In professionellen oder militärischen Geräten dieser Zeit findet man mit Glas abgedichtete Kondensatoren, die heute nach Jahrzehnten meist noch funktionsfähig sind.
Es gibt verschiedene Methoden historische Radios zu restaurieren. Hier die von mir favorisierte Methode, die ähnlich auch für andere Vorkriegsgeräte angewandt werden kann. Ziel war die Funktionsfähigkeit bei möglichst wenig sichtbaren Eingriffen, Originalteile wo immer möglich verwenden.
1- Diagnose
Das Bakelitgehäuse war unbeschädigt und benötigte nur
eine gründliche Reinigung. Ich reinigte die Knöpfe und Details
des Adlers mit einer alten Zahnbürste. In hartnäckigen Fällen
ist Motor-Kaltreiniger die Wunderwaffe, Scheuermittel an glänzenden
Oberflächen vermeiden. Der Lautsprecherstoff war original unbeschädigt
und benötigte nur etwas Kleber an einer Kante. Die Knöpfe waren
perfekt, nur eine zu lange Schraube war eingesetzt. (Netzspannung
!) Falls die Schrauben der Knöpfe eingerostet und schwer zu entfernen
sind, hilft "Ballistol" Waffenöl oder "Caramba" und über Nacht
ziehen lassen. Achtung, Schrauben aus dem Material der Kriegszeit haben
nicht die Qualität/Festigkeit heutiger Schrauben.
Nach Entfernen der Rückwand offenbart sich das Chassis. Ablöten der Drähte zum Lautsprecher (Farben notieren, Lautprecher ausbauen. Knöpfe abnehmen und Chassisschrauben lösen. Vorsicht beim Herausheben des Chassis wenn der Lautsprecher nicht ausgebaut wurde. In diesem Fall ist das Chassis nach unten herauszukippen!! (siehe Bild unten). Alle Teile waren vorhanden, aber das Chassisblech an der Oberseite stark verrostet. In diesem Fall habe ich mich entschieden, alle Teile zu demontieren und das Chassis neu zu lackieren. Auch wenn das Chassis nicht neu lackkiert wird muss der Spulenturm demontiert werden um die Laschen des Kondensatorblocks aufbiegen zu können. Der Gitteranschluss der VL1 Röhre war lose, an der VC 1 war der Abschirmlack schadhaft. Ein Draht des großen Heizwiderstands war lose, die Abstimmmechanik drehte teilweise durch, Drossel und Übertrager waren OK, der 2M Widerstandund 100pF Keramikkondensator unter der Gitterkappe der VC1 waren OK. Der Kondensatorblock unter dem Chassis war etwas aufgebläht. Zusätzlich war ein moderner 4uF Kondensator eingebaut. Die 3 Filzstückchen zur Federung der Röhre VC1 fehlten, offensichtlich von Insekten aufgefressen. Nach Restauration der Originalkondensatoren wurde dieser 4uF entfernt. Jede Gleichrichterröhre kann nur einen bestimmten maximalen Strom liefern. Ein größerer Glättungskondensator (als original) würde zwar besser "bügeln", aber die Gleichrichterröhre überlasten.
2 - Dismantling
Nochmals
- ALLES notieren, dein Gedächtnis ist schlechter als du denkst!!
Alle Verbindungen zum Spulenturm ablöten, die beiden Blechlaschen
exakt gerade biegen, Spulenturm vorsichtig abnehmen (Bakelit ist zerbrechlich).
Nun sind die Laschen des Kondenssatorblocks zugänglich und dieser
kann ausgebaut werden. Nach Ausbau des Kondensatorblocks sind nun die 3
Schrauben des Abstimmkondensators von unten zugänglich, Dann habe
ich alle anderen Teile an der Oberseite des Chassis und alle Kondensatoren
der Unterseite demontiert (außer dem Pertinax Plättchen für
die Spannungswahl). Auch den Rückkopplungskondensator (rechts)
und die Achse zur Senderabstimmung (Mitte) habe ich entfernt, den Wellenbereichsschalter
(links) jedoch belassen.
3 - Entrosten und Lackieren des Chassis
Mit Sandpapier habe ich allen Rost und losen Lack entfernt; alle sichtbaren Teile mit Papier abgeklebt und die Chassislöcher ausgestopft um die an der Unterseite verbliebenen Teile zu schützen.
Da der Rost nur oberflächlich war und noch keine tiefen Löcher gefressen hatte, verzichtete ich auf Antirostgrundierung (wie original). Beim Sprayen mit silberfarbigem Felgenspray mehrmals nur dünne Schichten aufbringen.
4 - Restoration des Kondensator-Blocks
Nach meiner Meinung sollten in Vorkriegsradios keine modernen Komponenten
sichtbar sein, auch nicht unter dem Chassis.
Aufbiegen der Blechlaschen, Erwärmen des Blocks auf 75 Grad Celsius im Backofen. Backfolie oder alte Zeitung unterlegen um den Familienfrieden nicht zu gefährden. Wenn der Block warm genug ist, die Innereinen herausziehen. Unter dem Pertinaxdeckel befindet sich eine Schicht Teer und darunter die Kondensatorwickel. Alles herausnnehmen, aber die Kartonauskleidung der Metallbox zwecks Isolation belassen.
Benutzen Sie moderne Kondensatoren mit gleicher oder höherer Spannungsfestigkeit. Innerhalb dieser Box können gut radiale Bauelemente (rechteckige Bauform) verwended werden. Ich benutzte 11 Stück mit je 1 uF/630V beste Epcos -Ware. Für die 4uF+4uF Sektionen könnten auch Elkos verwendet werden. Die 0,1uF Sektion liegt in Betrieb an Netzspannung, deshalb verwendete ich einen für 250V Wechselspannung zugelassenen Kondensator mit den VDE; UL..Prüfzeichen. Die 10 Kondensatoren sind zusammengeklebt und passen exact in die Box. Verbinden Sie die neuen Kondensatoren wie abgebildet mit den alten Lötosen. Stopfen Sie den verbleibenden Leerraum mit Polsterwatte um Klappern zu vermeiden. Der Teer wird nicht wieder verwendet. Bewusst habe ich nicht mit 2-Komponenten-Material vergossen um auch künftigen Generationen von Restaurateuren eine Chance zu geben. Nachdem alles durchgetestet ist wird die Box verschlossen und die Laschen wieder zugebogen.
5 - Restauration der 4 diskreten Kondensatoren
Erwärmen
auf 75 Grad Celsius, die Innereien herausziehen. Verwenden Sie nach Möglichkeit
moderne axiale Kondensatoren gleicher oder höherer Spannungsfestigkeit
die in die alten Röhrchen eingeführt werden können. Diese
sind oftmals nicht einfach zu beschaffen. Die alte Maßeinheit "cm"
entspricht etwa 1 pF. Alle 4 alten Kondensatoren waren zugelassen
für 1500 V ~ . Falls kein Teil mit dieser hohen Spannungsfestigkeit
verfügbar ist muß man sich den Schaltplan ansehen und feststellen
welche Spannung dort wirklich maximal anliegt. Die Geradeausempfänger
mit Rückkoplung können durch Schwingungsvorgänge Spannungen
erzeugen, die höher als die Anodenspannung sind! Falls die Drähte
der neuen Kondendsatoren zu kurz sind werden die alten Drähte wiederverwendet,
ebenso die alten Isolatorschläuche. .
In diesem Fall verwendete ich:
für den 60 cm/pF ...zwei Keramikkondensatoren 120 pF/500 V in Serie (um exact 60pF/1000V= zu bekommen, in der modernen Bauteilreihe nicht verfügbar)
für den 150 cm/pF ...einen Keramik-Kondensator 150 pF/2kV=
für den 4000cm/4nF ...einen 3.9 nF /630 V= Philips axial PP Type von Conrad. Ich hatte etwas Bedenken mit diesem Typ, deshalb hängte ich ihn über Nacht an 450V~, die er überlebte. Die 450 V~ erzeugte ich durch die Reihenschaltung Netzspannung + Ausgang des Trenntransformators.
for the 5000cm/5nF ..a 4.7 nF / 1500 V= axial PP type
Wenn der Netzstecker
in der ungünstigen Weise eingesteckt wird, liegt die volle Netzspannung
an Chasssispotential ! Die 4nF und 5nF Kondensatoren verbinden das
Chassis mit dem Erde-Anschluß, bzw. den Antennenanschluß mit
dem Eingang. Deshalb sind diese Teile sichereheitsrelevant und müssen
der Netzspannung standhalten, wenn Netzspannung am Chassis anliegt bzw.
die Antenne mit der Hand berührt wird.
Diese statischen Kondensatoren haben kein "+" und "-" wie Electrolytkondensatoren. Die meisten haben eine Markieriung an einem Ende, oft ein schwarzer Ring. Dieses markiert den äußeren Folienbelag und ist meist Richtung Masse verbunden. Wird die Richtung vertauscht kann dies zu Brumm führen.
6 - Loser Gitteranschluß oder Röhrensockel
Entlöten aller Sockelanschlüsse bzw. des Gitteranschlusses. Flüssigen Lötzinn mit Vakuumpumpe entfernen. Manchmal ist der Draht unmittelbar am Glas abgerissen, dann ist vorsichtig ein wenig vom Glas abzufeilen und ein Verlängerungsdraht anzulöten. Ich verwende 2-Komponenten-Kleber der für höhere Temperaturen geeignet ist. Nachdem der Kleber ausgehärtet ist, wird der Draht wieder angelötet.
7 - Beschädigter Abschirmlack an Röhren
Der Abschirmlack
dieser alten Röhren ist oft brüchig oder ganz abgefallen. In
der Sicke zwichen Glas und Sockel befindet sich ein Draht, der die Abschirmlackierung
mit einem Stift im Sockel verbindet. Zum Ausbessern kann elektrisch leitender
Silberlack (Conrad) oder eine Mischung aus Zaponlack und Graphit verwendet
werden. Diese Mischung ergibt eine graue, rauhe Oberfläche, die nach
dem Trocknen in der passenden Farbe überlackiert werden kann.
8 - Reparatur des Abstimmkondensators/Antriebs
Der Abstimmkondensator wird indirekt über eine kleine Achse angetrieben. Die Skalenscheibe läuft kraftschlüssig zwichen 2 ringförmigen Federringen der Antriebssachse. Ich prüfte, reinigte und fettete die Lager des Abstimmkondensators mit Ballistol, nicht harzendem Waffenöl. Nach der Montage des Abstimmkondensators funktionierte der Antrieb dennoch nicht für die kompletten 180 Grad, vermutlich wegen Abnutzung der Zelluloidscheibe. D.h. die Distanz beider Achsen war etwas zu groß. Der einzige Weg, diese Distanz zu reduzieren ist, das Chassisblech mit sanfter Gewalt geringfügig nach unten durchzubiegen. Nach dieser Prozedur arbeitete der Friktionsantrieb wieder perfekt.
9 - Reparatur des Heizwiderstandes
Beim Versuch den losen Widerstandsdraht erneut mit der Schelle zu befestigen, platzte die Messingschelle. Zwei andere Schellen hatten ebenfalls kleine Risse - schlechtes Messingmaterial der Kriegszeit. Aus Messingblech 5 x 0,5 x 100 mm wurden die Schellen handgefertigt. Der alte Widerstandsdraht konnte wieder verwendet werden. Die Schellen wurden so befestigt, dass sich die Werte 1100 + 400 Ohms/ 50mA und eine separate Sektion mit 150 Ohms/ 0.1 A ergaben.
10 - Reinigen und Testen aller Teile und Wiedermontage
Nun werden Sie bestätigen, dass es überlebenswichtig ist
Notizen zu machen.